Leben ohne Kühlschrank
von MarcoLeise summt es im Hintergrund. Jedes Mal, wenn es aufhört und wieder anfängt, werden wir daran erinnert, dass da ein großer Stromfresser steht. Im Tiny House können wir dem Summen nicht entgehen, indem wir den Raum wechseln. Aber gibt es überhaupt Alternativen zum Kühlschrank? Kann ein Leben ohne Kühlschrank funktionieren?
Wir sammeln in unseren Kühlschränken oft Nahrungsmittel und vergessen sie dann. Oder wir vergessen das, was uns nicht so gut schmeckt mit Absicht. Irgendwann hat sich dieses Problem von alleine gelöst. Und wir können das Nahrungsmittel, das sich inzwischen in einem hübschen Winterpelz präsentiert endlich ohne schlechtes Gewissen entsorgen.
Vor einem Jahr - Anfang 2017 - hatten wir beschlossen, dass wir fortan ohne Kühlschrank leben wollten. Zuerst brauchten wir die schnell verderblichen Dinge auf. Auf Ebay-Kleinanzeigen fand sich schnell jemand, der Verwendung für unseren Kühlschrank hatte.
Was hat sich für uns geändert seit wir ohne Kühlschrank leben?
Unser Essen wird immer noch von einem lokalen Bio-Bauern geliefert. (Suchmaschine: "Gemüsekiste dein_wohnort"). Wir wissen, wie viel wir etwa pro Woche verbrauchen und nur das bestellen wir. Es wird zuerst gegessen, was schnell verderblich ist:
- Salate, Spinat, Mangold/Pak Choi und Kräuter.
- Broccoli, Blumenkohl und Rosenkohl halten leider auch nicht ewig.
Alles andere kann man so lagern, dass es länger frisch bleibt:
- Alles Gemüse, das viel Wasser beinhaltet, sollte nicht in den Kühlschrank, selbst wenn du einen besitzt. Dazu gehören Gurke, Zucchini, Paprika und Tomaten. Diese sind auch eine super Deko, wenn man sie nicht im Kühlschrank weg sperrt.
- Kohl, Knollen (Topinambur, Kartoffeln und Süßkartoffeln), Kürbisse, Zwiebeln und Knoblauch halten sich deutlich über eine Woche.
- Was noch den Ansatz einer Wurzel hat, kann in ein wenig Wasser gestellt werden. Lauchzwiebeln, Lauch und Fenchel halten so deutlich länger.
- Wurzelgemüse kann gerne ein wenig feucht gelagert werden um es vor dem Austrocknen zu schützen.
- Pflanzenmilch hält sich im Sommer bei 30°C ungekühlt etwa zwei Tage, im Winter hält sie mindestens eine Woche. Im Kühlschrank war die Pflanzenmilch immer nach spätestens drei Wochen aufgebraucht und auch dann noch gut.
- Obst hält sich auch außerhalb des Kühlschranks sehr gut.
- Äpfel sollten an einem anderen Ort gelagert werden, da sie den Reifeprozess des anderen Obsts und Gemüses beschleunigen.
- Zu tierischen 'Produkten' können wir keine Aussage machen, da wir beide seit mehreren Jahren vegan leben. Fleisch, Milch und Milchprodukte sind aber generell nicht sehr lange haltbar.
- Frische Eier halten sich mindestens eine Woche lang ungekühlt. (Wie lange genau, können wir auch nicht sagen.)
- Senf und scharfe Saucen brauchen keine Kühlung, auch wenn man sie meist in Kühlschränken sieht.
- Generell lohnt es sich die Lebensmittel nicht in der Sonne liegen zu lassen.
Obst und Gemüse sind eine super Deko und machen Eure Küche deutlich bunter :-)
Lebensdauer von Gemüse erhöhen
Früher haben es die Menschen auch geschafft über die Runden zu kommen und niemand hatte einen Kühlschrank. Wir haben heute vieles verlernt was früher noch zum Allgemeinwissen gehörte. Hier sind ein paar Möglichkeiten um die Lebensdauer deiner Lebensmittel zu erhöhen:
- Eine Isolierbox/Kühlbox hält die Temperatur sehr lange. Man kann die Box nachts raus stellen, kühle tanken und sie tagsüber geschlossen im Schatten stehen haben. Man kann die Box auch mit Eis oder neuen kühlen Lebensmitteln befüllen.
- Im Wasser, also einem See, Bach oder Brunnen, lässt sich das Essen auch gut frisch halten. Am besten das Essen in eine Box, beschweren und gut festbinden.
- Eine Erdmiete ist eine schöne Lösung, wenn man seinen Standort nicht viel wechselt. Sie ist ähnlich einem alten Keller, der übrigens auch super zum Lebensmittel lagern ist, da die Temperatur konstant niedrig ist. Es handelt sich ganz grob um ein Loch im Boden, das mit einem Deckel verschlossen werden kann. (Mir kommt dabei direkt eine schöne Geschichte in den Sinn, die so anfängt: "In einem Loch im Boden, da lebte ein Hobbit.") Damit keine Mäuse und Hobbits mitessen, lohnt es sich die Erdmiete mit einem feinmaschigen Drahtzaun auszukleiden, oder man verwendet eine alte Waschmaschinentrommel. Wichtig ist auch, dass Feuchtigkeit auch wieder heraus kann.
- Bei einem Verdunstungskühlschrank wird durch Verdunstung von Wasser Kühle erzeugt. Im Verlinkten Artikel erfährst du mehr.
- Wer einen Laden um die Ecke hat, kann einfach deren Kühlschrank nutzen und nach Bedarf einkaufen.
Schutz vor Kälte
In den Übergangsjahreszeiten stellt sich die Frage des Kühlens gar nicht, da man die milden Außentemperaturen nutzen kann. Achtung ist geboten, wenn es Minus-Temperaturen hat. Darauf steht dein essen genauso wenig wie du. Vor allem nicht auf den Prozess des Einfrierens und Auftauens. Obst und Gemüse wird dabei schnell matschig.
- Eine Isolierbox/Kühlbox, die draußen steht, kann auch hier helfen. Wichtig ist, dass es nicht durchgehend unter 0°C hat, denn dann sinkt auch irgendwann die Temperatur der Box ins Negative.
- Wasser hat in flüssigem Zustand immer mehr als 0°C. Darin bleibt das Essen auch frisch. Du solltest aber aufpassen, dass das Wasser nicht einfriert.
- Eine Erdmiete, die tief genug ist, schützt die Lebensmittel auch vor Minus-Temperaturen.
Du solltest unbedingt probieren eine Weile ohne Kühlschrank zu leben, wenn du...
- ... weniger und geplant einkaufst, erzeugst du kein Überangebot in deiner Küche.
- ... frische Lebensmittel auf Wochenbasis aufbrauchst, wird so gut wie nie etwas schlecht und muss weggeworfen werden.
- ... z.B. einen Aufstrich erst aufbrauchst und erst dann den nächsten öffnest, kommen auch deine Aufstriche ohne Kühlung aus, da sie innerhalb von 1-2 tagen aufgebraucht sind.
- ... deine Stromrechnung verkleinern und Geräuschemission verringern möchtest.
Wenn das gut geht, kannst du deinen Kühlschrank mit gutem Gewissen weitergeben.
Kein so großes Essensangebot zu haben, hilft auch enorm dabei weniger Entscheidungen am Tag treffen zu müssen. Davon haben wir täglich in unserer schnellen Welt bereits genug zu treffen.